Neufassung der Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr

Interview mit Markus Ferber, Mitglied des Europäischen Parlaments

Politik

Schon jetzt werden immer weniger Fahrkarten im Reisebüro verkauft, jede dritte DB-Agentur hat seit 2008 den Vertrieb aufgeben. Die geplante Neufassung der Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr lässt Reisebüros befürchten, dass sich der Fahrkartenverkauf bald nicht mehr rentiert. Sie haben sich für Änderungen am Kommissionsvorschlag eingesetzt, was möchten Sie erreichen?
 
Natürlich begrüße ich grundsätzlich die Stärkung von Passagierrechten, die von der EU-Kommission mit diesem Gesetzesvorhaben angestrebt wird. Allerdings möchte die Kommission Fahrkartenverkäufern eine zu große Verantwortung auferlegen, indem sie die Verkäufer beispielsweise dazu verpflichten will, Fahrgäste auch nach Fahrtbeginn über Verspätungen zu informieren oder ihnen Hilfeleistungen anzubieten. Diese Erweiterung des Aufgabenbereichs der Fahrkartenverkäufer stellt eine unverhältnismäßige Zusatzbelastung dar, die vor allem kleine und mittelständische Reiseunternehmen und Fahrkartenverkäufer treffen würde. Ich setze mich daher dafür ein, Fahrkartenverkäufer vor einem solchen Mehraufwand zu schützen und habe dementsprechende Änderungsvorschläge in den Verkehrsausschuss eingebracht. Gleichzeitig diskutiere ich zurzeit mit den verantwortlichen Mitgliedern im Verkehrsausschuss über fahrgastfreundlichere, aber dennoch umsetzbare, Voranmeldefristen für Hilfeleistungen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität.
 
Die Abstimmung über den Vorschlag im Fremdenverkehrsausschuss des Europäischen Parlaments sollte zunächst im Juni stattfinden, wurde aber auf Anfang Oktober verschoben. Bei welchen Themen gibt es noch Diskussionsbedarf?
 
Die Beratungen im Verkehrsausschuss dauern tatsächlich noch an. Um einen mehrheitsfähigen Richtlinienvorschlag zu erreichen, muss noch an einigen kritischen Punkten gearbeitet werden. Eine viel diskutierte Frage sind beispielswiese Entschädigungsansprüche bei größeren Verspätungen oder bei unvorhergesehenen Ereignissen, wie Naturkatastrophen oder Terroranschlägen.
 
Wenn der stationäre Fahrkartenverkauf weiter zurückgeht, trifft dies vor allem ältere Reisende und Menschen in ländlichen Regionen. Wird das EU-Parlament bei diesem Gesetzgebungsvorhaben eine Lösung mit Augenmaß erreichen können?
 
Ein weiterer Rückgang des stationären Fahrkartenverkaufs muss selbstverständlich verhindert werden. Es gilt daher, den Kommissionsvorschlag an die heutigen Gegebenheiten im Fahrkartenverkauf anzupassen. Eine akzeptable Lösung ist aus meiner Sicht eine, die ein gesundes Mittelmaß findet zwischen der Stärkung der Passagierrechte und der Wettbewerbsfähigkeit der Fahrkartenverkäufer.

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