Der neue Reisesicherungsfonds für eine noch bessere Absicherung von Pauschalreisegästen im Fall einer Veranstalter-Insolvenz startet zum 1. November 2021. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat jetzt entschieden, dass das Konsortium um den Deutschen Reiseverband (DRV) mit der Allianz selbständiger Reiseunternehmen (asr), dem forum anders reisen – Verband für nachhaltigen Tourismus (FAR), dem internationalen Bustouristik Verband (RDA) und dem Verband Internet Reisevertrieb (VIR) diese anspruchsvolle Aufgabe übernehmen soll.
"Die Neuausrichtung der Kundengeldabsicherung über einen Fonds begrüßen wir grundsätzlich. Die Verabschiedung des Reisesicherungsfonds kommt rechtzeitig vor dem Ende der Legislaturperiode. Somit ist der Verbraucherschutz der Kunden umfassend sichergestellt und die Unternehmen der Reisewirtschaft haben Planungssicherheit. Die Pauschalreise wird jetzt noch ein Stück verbraucherfreundlicher und sicherer für die Kunden.
Die Neuregelung bedeutet allerdings auch eine massive wirtschaftliche Herausforderung – gerade jetzt, wo die Unternehmen mit den dramatischen Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen haben."
Der Bundestag hat die individuelle Absicherung der Reiseveranstalter in Höhe von fünf Prozent des Nettopauschalreiseumsatzes beschlossen. Diese kann über Versicherung oder Bankbürgschaft erfolgen. Gleichzeitig wurde im jetzt verabschiedeten Gesetz die Aufbauphase des Fonds um ein Jahr bis 2027 verlängert. Während der Kapitalaufbauphase unterstützt der Bund den Fonds mit einer Kreditlinie, um die Leistungsfähigkeit der Absicherung von Beginn an sicherzustellen. Die Höhe des geplanten Entgelts, das die Reiseveranstalter zum Aufbau des Kapitalstocks entrichten, bleibt bei einem Prozent des Reisepreises.
Kleine und mittelständische Unternehmen mit einem Umsatz unter zehn Millionen Euro sind nicht verpflichtet, sich beim Reisesicherungsfonds abzusichern. Sie können sich für eine individuelle Versicherungslösung oder Bankbürgschaft entscheiden. Dies gilt auch für Gelegenheitsveranstalter oder Hotels, die Zusatzleistungen anbieten. „Damit können viele der kleinen und mittelständischen Reiseveranstalter oder veranstaltende Reisebüros wählen, ob sie sich wie bisher über den Versicherungsmarkt absichern wollen. Diese Wahlfreiheit sehen wir positiv“, erläutert der DRV-Präsident. Ursprünglich war die Opt-out-Grenze bei drei Millionen Euro geplant.
Neu eingeführt wurde eine Zwischenstufe: Bei einem Pauschalreiseumsatz unter drei Millionen Euro gilt eine pauschale Absicherungspflicht von mindestens einer Million Euro. Damit müssen beispielsweise auch Reisebüros, die nur gelegentlich als Reiseveranstalter eigene Reisen auflegen, eine Mindestabsicherung von einer Million Euro über eine Versicherung oder eine Bankbürgschaft aufweisen. Auch sie können sich, sofern sie die Bedingungen des Fonds erfüllen, über diesen absichern. „Hier hätten wir uns eine andere Entscheidung gewünscht“, sagt Fiebig. „Wir gehen allerdings davon aus, dass sich das geringe individuelle Risiko dieser Kleinst- und Gelegenheitsveranstalter in der Ausgestaltung der Versicherungsprämien widerspiegeln wird.“
Der Forderung des DRV nach Klarstellung des abzusichernden Umsatzes bei verbundenen Reiseleistungen wurde nachgekommen. Eine Insolvenzabsicherung ist nach wie vor nur dann erforderlich, wenn das Reisebüro als Vermittler verbundener Reiseleistungen Zahlungen des Reisenden entgegennimmt.
Was ändert sich für Reiseunternehmer*innen durch die Neuregelung der Absicherung von Kundengeldern und der Einführung eines Reisesicherungsfonds?
Wo Unternehmen bisher Kundengelder individuell über Versicherungslösungen oder Bankbürgschaften abgesichert haben, sollen sie künftig in einen neu zu gründenden Reisesicherungsfonds einbezahlen, über den die Kundengelder gemäß der EU-Pauschalreiserichtlinie vor einer Insolvenz gesichert sein werden. Diese Neuregelung ist vom Grundsatz her zu begrüßen. Das neue Modell stellt jedoch – gerade in der gegenwärtigen Corona-Krise mit ihren wirtschaftlichen Herausforderungen – eine große zusätzliche Belastung für die Reiseveranstalter dar. Die jährliche Mehrbelastung der Unternehmen wird rund 100 Millionen Euro betragen. Das ist schwer zu schultern, da die Reiseunternehmen seit über einem Jahr kaum noch Reisen verkaufen können.
Wer profitiert davon?
Die Neuregelung verbessert den Schutz der Pauschalreisenden. Das begrüßen wir, denn der Schutz der Reisenden ist uns wichtig.
Was bedeutet das speziell für kleine und mittlere Reiseunternehmer*innen?
Kleine und mittelständische Unternehmen mit einem Umsatz unter zehn Millionen Euro sind nicht verpflichtet, sich beim Reisesicherungsfonds abzusichern. Sie können sich für eine individuelle Versicherungslösung oder Bankbürgschaft entscheiden. Dies gilt auch für Gelegenheitsveranstalter oder Hotels, die Zusatzleistungen anbieten. Damit können viele der kleinen und mittelständischen Reiseveranstalter oder veranstaltende Reisebüros wählen, ob sie sich wie bisher über den Versicherungsmarkt absichern wollen. Diese Wahlfreiheit sehen wir positiv. Ursprünglich war die Opt-out-Grenze bei drei Millionen Euro geplant.
Wie bewerten Sie die Regelung für Unternehmen, deren Umsatz über drei Jahre in Folge bei weniger als drei Millionen Euro lag?
Bei einem Pauschalreiseumsatz unter drei Millionen Euro gilt eine pauschale Absicherungspflicht von mindestens einer Million Euro - diese Zwischenstufe wurde neu eingeführt: Damit müssen beispielsweise auch Reisebüros, die nur gelegentlich als Reiseveranstalter eigene Reisen auflegen, eine Mindestabsicherung von einer Million Euro über eine Versicherung oder eine Bankbürgschaft aufweisen. Hier hätten wir uns eine andere Entscheidung gewünscht. Wir gehen allerdings davon aus, dass sich das geringe individuelle Risiko dieser Kleinst- und Gelegenheitsveranstalter in der Ausgestaltung der Versicherungsprämien widerspiegeln wird.
Es war wichtig, dass möglichst viele Unternehmen eine Wahlmöglichkeit erhalten, wie sie ihre Reiseleistungen absichern.
Wie viele DRV-Mitglieder betrifft das?
Rund 90 Prozent des Umsatzes des deutschen Reisebüro-und Reiseveranstaltermarktes werden von Mitgliedern des Deutschen Reiseverbandes erwirtschaftet. Die Mitgliedschaft spiegelt die überwiegend mittelständisch geprägte Infrastruktur des Marktes wider. Es sind alle Mitglieder betroffen, die Pauschalreisen organisieren, also alle Reiseveranstalter, ebenso wie Reisbüros, die selbst zusammengestellte Reisen verkaufen und damit als Reiseveranstalter aktiv sind.
Halten Sie die Neuregelung der Kundengeldabsicherung grundsätzlich für notwendig und sinnvoll?
Die Neuregelung ist grundsätzlich zu begrüßen. Die Insolvenz des Reisekonzerns Thomas Cook im September 2019 hat gezeigt, dass die Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie in Deutschland angepasst werden muss. Die Leistungsfähigkeit des bisherigen Systems war nicht ausreichend. Jetzt ist der Verbraucherschutz umfassend sichergestellt. Die Pauschalreise wird jetzt noch ein Stück verbraucherfreundlicher und sicherer für die Kunden
Was ändert sich für die Kunden?
Für Kunden, die eine Pauschalreise buchen, ändert sich nichts. Sie erhalten bei der Buchung – wie bisher auch – einen sogenannten Reisesicherungsschein. Damit sind alle Zahlungen – Anzahlungen ebenso wie Restzahlungen – an den Reiseveranstalter auch im Falle einer Insolvenz abgesichert und können, sollte es zu einer Insolvenz kommen, zurückgezahlt werden.
Werden Pauschalreisen jetzt (grundsätzlich aber auch im Vergleich zu Einzelleistungen) teurer?
Die Pauschalreise ist die sicherste und gleichzeitig die beliebteste Reiseform der Deutschen. Die Reisenden haben immer einen Ansprechpartner an ihrer Seite und auch eine Rückholgarantie ist inklusive, sofern die Situation im Urlaubsland zum Beispiel aufgrund einer Naturkatastrophe eine vorzeitige Rückreise erfordert. Das hat sich in der Corona-Krise bewährt, als die Reiseveranstalter 180.000 deutsche Urlauber kostenfrei und sicher zurückgeholt haben. Gleichzeitig steht die Pauschalreise im Wettbewerb mit individuell aus Einzelleistungen zusammengestellten Reisen. Pauschalreisen dürfen daher gerade in der aktuell durch Corona wirtschaftlich schwierigen Situation im Vergleich zu Einzelleistungen nicht über Gebühr verteuert werden. Damit wäre weder den Unternehmen, die Reisen anbieten, noch den Urlaubern im Sinne des Verbraucherschutzes geholfen. Wir schlagen vor, dass die Kosten für die Absicherung transparent ausgewiesen und auf den Verkaufspreis der Pauschalreise aufgeschlagen werden können.