„Die wirtschaftliche Tragfähigkeit muss gesichert sein“

Zeit für die Neuregelung der Insolvenzabsicherung drängt – Nachbesserungen am Reisesicherungsfonds erforderlich, um Vielfalt der Urlaubswelt zu erhalten

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Grundsätzlich begrüßt der Deutsche Reiseverband (DRV) die geplante Neuausrichtung der Insolvenzabsicherung durch ein Fondsmodell. Dennoch sieht der Verband ebenso wie die Allianz selbständiger Reiseunternehmen (asr), der Internationale Bustouristik Verband (RDA) und der Verband Internet Reisevertrieb (VIR) – die gemeinsam als potentielle Gründungsgesellschafter des neuen Reisesicherungsfonds auftreten – weiterhin Nachbesserungsbedarf. Im Rahmen der Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages äußerte sich DRV-Hauptgeschäftsführer Dirk Inger: „Die Reisewirtschaft liegt seit über einem Jahr Corona-bedingt am Boden. Reisen konnten und können so gut wie nicht verkauft werden, die wirtschaftlichen Einbußen sind immens. Die Markterholung wird länger dauern, da die Pandemie weiter zu umfassenden Reisebeschränkungen führt. Deshalb ist Augenmaß gefragt, welche Mehrbelastungen für die Unternehmen der Reisewirtschaft tragfähig sind. Reisen müssen bezahlbar bleiben, ansonsten verlieren wir die Vielfalt der Urlaubswelt.“

Unüberwindbare Hürden müssen vermieden werden

Aus Sicht des DRV ist es – insbesondere in der durch die Corona-Pandemie angespannten wirtschaftlichen Situation – wichtig, durch die neue Regelung der Insolvenzabsicherung keine unüberwindbaren Hürden zu schaffen. Das neue System muss für kleine, mittlere und große Unternehmen der Reisewirtschaft fair ausgestaltet sein.

Hochlaufphase mit Bundesbürgschaftsprogramm

Der DRV fordert daher die Implementierung einer Hochlaufphase mit einem Bürgschaftsprogramm des Bundes. Reiseveranstalter sollen laut Gesetzentwurf von Beginn an sieben Prozent ihres Umsatzes absichern – etwa über Versicherungen oder Bankbürgschaften – das müsse der aktuellen Situation angepasst werden. „Aufgrund der Pandemie ist eine Hochlaufphase der individuellen Absicherung von fünf auf sieben Prozent innerhalb der ersten Jahre zwingend erforderlich“, so Inger. Da aktuell nicht absehbar ist, wann das Reisegeschäft wieder in größerem Umfang möglich ist, sieht der Verband es als notwendig an, dass der Bund die Reiseveranstalter vorübergehend durch ein Bürgschaftsprogramm bei der Stellung der Sicherheiten für den neuen Fonds unterstützt.

Entgelt pro Reise auf 0,6 Prozent senken

Um eine Überforderung der Reiseveranstalter zu vermeiden, sollte das geplante Entgelt von einem Prozent des Reisepreises abgesenkt werden. „Auch bei einem Entgelt von 0,6 Prozent kann innerhalb von sieben Jahren zuverlässig ein Kapitalstock von 900 Millionen Euro im Fonds angespart werden“, erläuterte der DRV-Hauptgeschäftsführer.

Aufbauphase auf mindestens sieben Jahre verlängern

Die vorgesehene Aufbauphase von fünf Jahren ist zu kurz bemessen. Reisen sind derzeit fast nicht möglich. Eine Erholung des Marktes wird mehrere Jahre dauern und langsamer stattfinden als noch im vergangenen Jahr angenommen. Der DRV spricht sich daher für eine Aufbauphase von mindestens sieben Jahren aus.

Besteuerung des Reisesicherungsfonds vermeiden

Das im Fonds anzusparende Kapital dient ausschließlich der Absicherung der Reisenden. Ausschüttungen an die Gesellschafter sind richtigerweise ausgeschlossen. Aus diesem Grund ist es nur sachgerecht, den Reisesicherungsfonds nicht zu besteuern. „Eine Besteuerung würde den Aufbau des Zielkapitals deutlich erschweren und verlangsamen und damit dem politisch gesetzten Ziel widersprechen“, führte Inger aus.

Opt-out-Grenze für kleine und mittlere Reiseveranstalter erhöhen

Unter Berücksichtigung der von den Versicherern in Aussicht gestellten Höchstgrenze des versicherbaren Risikos  sollte ein Opt-out für Unternehmen bei einer Umsatzgrenze bis zu zehn Millionen Euro jährlich eingeführt werden. Damit können viele der kleinen und mittelständischen Veranstalter wählen, ob sie sich wie bisher über den Versicherungsmarkt oder über den Fonds absichern wollen.

Versicherungskapazität sicherstellen

Die gesamte Reiseindustrie befindet sich aufgrund pandemiebedingter Einnahmeausfälle in einer extrem angespannten wirtschaftlichen Lage. Daher ist sie auch auf eine konstruktive Mitwirkung der Versicherungswirtschaft angewiesen. „Die durch die neue Gesetzgebung erforderliche höhere Versicherungskapazität muss für Reiseveranstalter verfügbar sein und auf dem Versicherungsmarkt angeboten werden, sonst funktioniert das System des Reisesicherungsfonds nicht“, so Inger.

Auch vor diesem Hintergrund sollte als Sicherheitsleistung neben der Bankbürgschaft und der Versicherungslösung auch die Möglichkeit bestehen, der Absicherungsverpflichtung durch ein insolvenzfestes Treuhandkonto, auf dem die Gelder hinterlegt werden, nachzukommen.

Klare Regelungen für den Reisevertrieb

Aufgrund definitorischer Unschärfen besteht die Gefahr, dass Reisebüros, die verbundene Reiseleistungen vermitteln, in Zukunft auch diesen gesamten Umsatz absichern müssen. Gesetzlich vorgesehenen ist aber nur eine Insolvenzabsicherung, wenn der Vermittler verbundener Reiseleistungen Zahlungen des Reisenden auf Vergütungen für Reiseleistungen entgegen nimmt

Darüber hinaus forderte der Verband wie schon vorher aus Gründen der Transparenz eine gesonderte Ausweisung des Sicherungs-Entgelts, um im Wettbewerb mit Anbietern einzelner Reiseleistungen gegenüber den Urlaubsreisenden weiter bestehen zu können.

Ein fairer Haftungsschnitt bei Übernahme bestehender Risiken durch den Fonds und die Vermeidung von Doppelabsicherungen zu Lasten der Reiseveranstalter sind aus Sicht des DRV ebenfalls unerlässlich.

Zu guter Letzt ist es zwingend erforderlich die Übergangsfristen und die Übergangsmodalitäten zur neuen Kundengeldabsicherung zeitnah zu regeln, um Planungssicherheit sowohl für die Reisewirtschaft als auch für die Versicherungswirtschaft zu schaffen.

Die Aufzeichnung der Anhörung im Rechtsausschuss kann auf dieser Seite des Bundetages nachverfolgt werden.

 

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